Ich bin dann mal eine Weile auf Bali. Klingt wie leben im Paradies, aber ist es das wirklich….
Nach fast 2 Monaten kann ich für mich sagen, es ist ernüchternd, meine Meinung gemischt.
Bali ist fest in der Hand von wohlhabenden Aussteigern und Geschäftsleuten aus Java oder China. Balinesen muss man suchen…die scheint es kaum noch zu geben. Dafür ist alles voll mit hippen partywütigen Surfern und Yogis die von vegetarischem organic Food und Detox gar nicht genug bekommen können.
Preise sind in den letzten 3 Jahren um das 3-5fache gestiegen und die Insel ist völlig zugebaut. Luxusresorts soweit das Auge reicht. Alles richtet sich nach den Bedürfnissen der „Hippie“ Touristen die den ganzen Tag teure green Smoothies schlürfen und sich selber zelebrieren.
Ich finde ein Hostel in dem ich umgeben bin von entspannten Reisenden die eher mit kleinem Budget reisen. Eine nette entspannte Atmosphäre herrscht hier. Ich fühle mich wohl und baue schnell Vertrauen auf zu Leuten mit denen ich hier die Zeit verbringe und gemeinsam gärtnere, koche und esse. Leider bereue ich das schnell und schmerzlich. Meine Kamera wird mir gestohlen von Leuten mit denen ich eine so tolle Zeit hatte. Ich bin geschockt und habe das so gar nicht erwartet. Das „Weltverbesserer“- Gequatsche und dieses ganze „wir haben uns alle so lieb“…eine große Lüge.
Die Wahrheit ist, auf Bali wird viel gestohlen und die Kriminalitätsrate hat enorm zugenommen. Straßenkinder, Armut, Abzocke. All das ist ebenso präsent, für die die hinschauen. Überall wird Plastik verbrannt und an den „Traumstränden“ liegt massenhaft Müll. Die Straßen sind überfüllt mit Mopeds und eigentlich ist man fast überall umgeben von Lärm und Abgasen.
Ich bin froh außerhalb des Trubels ein paar Balinesen wieder zu treffen und neue kennenzulernen um festzustellen, dass diese noch immer sehr gastfreundlich sind, Ihr Lächeln nicht verloren haben und einen gerne zum Essen und zu den Zeremonien im Tempel einladen. Hier findet man noch die guten Geister Bali’s und fühlt sich willkommen. Man wird mit Räucherstäbchen und Blüten versorgt und sitzt mittendrin umgeben von entzückenden Balinesen, die einem mit Freude erklären was während der Zeremonie zu tun ist. Ein Blütenblatt hier, ein Räucherstäbchen dort, Reis an die Stirn geklebt usw. Es wird gesungen und gelacht, Stundenlang.
Touristen huschen nur schnell durch den Tempel und machen Selfies hier und dort….alles schnell schnell, keine Zeit zu verstehen was dort gerade passiert und die echte Gastfreundschaft zu erleben. Die Geduld der Balinesen scheint endlos und lächelt all das weg.
Umgeben von fröhlichen Familien fühle ich mich wohl und bin dankbar das erleben zu dürfen.
Auf dieser Insel fühle ich mich lebendig, finde Zeit nachzudenken, zu mir zu kommen. Aber ein trauriges Gefühl bleibt: verliert Bali seine Identität, seine Kultur!? Hoffentlich werden die letzten authentischen und schönen Eckchen dieser Insel nicht restlos Platz machen müssen für das westliche Konsumgut: Erholung.
Oft bin ich genervt wenn mir Leute erzählen, wie zauberhaft sie diesen besonderen Ort finden, man aber beim Nachhaken sofort erfährt, dass Sie keinerlei Interesse an der Kultur und keinerlei Kontakt zu den Einheimischen haben. Der Eindruck ist allein geprägt, von westlichen Luxusresorts und dazugehörigen Organic-Restaurants. Was hat das mit Bali zu tun? Sind es nicht die Traditionen, die besondere Gastfreundschaft und die Mentalität der Balinesen, die es zu diesem besondreren Ort machen?! Das Ubud ein kreatives Zentrum mit besonderer Atmosphäre und Energie ist, scheint vielen internationalen Künstlern klar…das aber die traditionelle balinesische Kunst auszusterben droht und die lokalen Künstler nun Taxi fahren oder in Restaurants arbeiten weil Sie als Maler o.ä. nichts mehr verdienen, wird weggelächelt. Es scheint, dass diese Massen von Menschen einfach nur sehen was sich leicht und angenehm anfühlt. Lieblose Schnitzereien statt alter Handwerkskunst, tut es doch auch.
Ich wünschte es gebe mehr Interesse diesen Ort, seine Künstler und damit auch diese besondere Magie zu erhalten. Es scheint an der Zeit Bali seinen Einwohnern zurückzugeben.
Zum Glück treffe ich ein paar Gleichgesinnte. Leute die auch kritisch hinschauen, genervt sind von der Naivität der unbekümmerten Westler. Sich die zeit nehmen um die Kultur kennenzulernen. Einheimische Künstler die sich wünschen wieder als solche zu arbeiten, die Familientradition weiter zu geben, Ihre Kultur zu erhalten.
Warum beschäftigt mich das nur so? Warum nervt es mich? Warum macht es mich traurig? Kann/ sollte ich etwas unternehmen? Ich fühle mich irgendwie verbunden mit dieser Insel und habe das Gefühl dies nicht einfach ignorieren zu wollen…und so fange ich an mir Gedanken zu machen ob ich etwas verändern kann.
Vielleicht brauche ich erst einmal Abstand, Zeit mich zu sortieren und zu überlegen was es für Möglichkeiten gibt. So schön sich die Idee anfühlt, die Balinesen und Ihre Kunst zu unterstützen…aber was kann ich tun und wovon soll ich leben?
Kommt Zeit, kommt Rat…also zieh ich erstmal weiter um diese Eindrücke wirken zu lassen.
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